Logo Worms Presse zu Tempo 30 im Stadtgebiet

 
Start Text Pressebericht Flyer Mi Bilder Text Text Impressum

Beschlussvorlage:

Hier die Vorlage als PDF

Der Seniorenbeirat der Stadt Worms fordert die flächendeckende Einführung der Regelgeschwindigkeit Tempo 30 km/h im Stadtbereich Worms incl. der Vororte.
Der folgenden Beschlussvorlage sei vorausgestellt, dass dem Seniorenbeirat der Stadt Worms besonders daran gelegen ist, Seniorinnen und Senioren die Möglichkeit zu eröffnen, im öffentlichen Raum als wesentlicher Teil unserer Gesellschaft sichtbar sein und an gesellschaftlichen Ereignissen teilnehmen zu können. Nur so kann gesellschaftliche Teilhabe von Seniorinnen und Senioren stattfinden. Eine flächendeckende Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h im gesamten Stadtgebiet sieht der Seniorenbeirat als einen wesentlichen Baustein im Rahmen eines umfassenden Mobilitätskonzepts an. Die mit Tempo 30 einhergehende "Verkehrssicherheit" führt auch zu einer "Steigerung der Raum- und Aufenthaltsqualität" im öffentlichen Raum

Wormser Zeitung, 23.04.2022

WORMS. Es ist der nächste Vorstoß in dieser Angelegenheit: Im gesamten Stadtgebiet soll die Höchstgeschwindigkeit 30 Stundenkilometer betragen, in der Innenstadt genauso wie in den Stadtteilen. Das fordert der Seniorenbeirat und das hat kommenden Mittwoch auch der Stadtrat zu diskutieren. Zum wiederholten Male ist dies Thema. Doch hat der Antrag Aussicht auf Erfolg?
Man muss kein Prophet sein, um zu ahnen, dass er so nicht durchgehen wird. Nicht, weil sich keine Mehrheit dafür fände, die GroKo aus CDU und SPD im Stadtrat hat sich da in der Vergangenheit schon sehr klar positioniert: Sie möchte mehr Tempo 30, auch in der Fläche. Für Bündnis 90/Die Grünen gehört flächendeckendes Tempo 30 quasi seit Jahr und Tag zum Forderungskatalog. Diese deutliche Mehrheit im Rat würde schon genügen.
Aber wie die Stadtverwaltung auch sieht die GroKo ein juristisches Problem, nämlich in der Straßenverkehrsordnung. Diese ermöglicht beispielsweise Tempo 30 auf Hauptstraßen derzeit nur, wenn eine Gefahrensituation nachgewiesen ist. Die Voraussetzungen für diesen Nachweis sind ziemlich streng. Dass es durchaus geht, beweist die Binger Straße in Hochheim, in der seit vielen Jahren vom Hauptfriedhof bis zum Pfrimmpark als Höchstgeschwindigkeit 30 Stundenkilometer festgelegt ist. Aber in allen Hauptstraßen der Stadt gleichzeitig die große Gefahr nachweisen? Das wird schwierig.
Ausgerechnet der Minister der FDP, Volker Wissing, hatte Anfang des Jahres den Vorstoß gemacht, den Kommunen da mehr Handlungsfreiraum zu geben. Aber gerade die Wormser FDP wehrt sich mit Händen und Füßen gegen eine flächendeckende Einführung dieses Tempolimits. Ratsmitglied Alfred Koch sprach zuletzt von der „Gängelung“ der Menschen.
Dabei spricht so vieles für ein generelles Tempo 30. Der Seniorenbeirat hat sich die große Mühe gemacht, die vielen Studien, Untersuchungen und Gutachten zu durchforsten und hat seine Ergebnisse in einer fünfseitigen Vorlage für den Stadtrat zusammengefasst. „Tempo 30 führt in der Mehrzahl der untersuchten Fälle zu wahrnehmbaren Lärmentlastungen“ hat etwa das Umweltbundesamt festgestellt. Oder sogar der ADAC und das bereits 1988 in Buxtehude: Messbar ist, dass bei niedrigerer Geschwindigkeit der Verkehrsfluss besser ist, was zu weniger Abbremsen und Beschleunigen und damit weniger Lärm führt. Oder der Verkehrsclub Österreichs, der festgestellt hat, dass die Reduzierung des Tempos von den Menschen als Halbierung des Verkehrs empfunden wird.
Ein wesentliches Argument des Seniorenbeirates ist die Sicherheit. Dazu zitiert er eine Untersuchung des Umweltbundesamtes. Demnach ist „bei gleicher Bremsleistung der Bremsweg mit 50 km/h ... fast dreimal so lang wie bei Tempo 30 km/h. Die bei einem Zusammenstoß umzuwandelnde Energie ist bei Tempo 50 fast dreimal so hoch wie bei Tempo 30. Hinzu kommt die Tatsache, dass Verkehrsteilnehmende bei niedrigen Geschwindigkeiten deutlich mehr Details des Verkehrsraums wahrnehmen und somit früher reagieren können.“ Udo Becker, Professor für Verkehrsökologie an der TU Dresden, zitiert der Seniorenbeirat zu diesem Thema, dass es ihm unerklärlich sei, warum in Städten immer noch so hohe Geschwindigkeiten erlaubt seien. Denn „das kostet Menschenleben und mindert die Lebensqualität vieler Menschen.“
Für Dirk Beyer, Fraktionsvorsitzender der SPD, ist der Vorstoß trotz der juristischen Bedenken sehr positiv. Zum einen, weil der Seniorenbeirat hier sein Recht, einen Antrag im Stadtrat zu stellen, auch mal wirklich wahrnehme. Zum anderen sei die Temporeduzierung auch vor dem Hintergrund der Energieersparnis höchst aktuell. Als Herrnsheimer weiß er zudem, dass auch in vielen Stadtteilen wie in seinem die Forderung nach deutlich mehr Tempo-30-Zonen nichts Neues ist.
Mathias Englert, Fraktionsvorsitzender von FWG-Bürgerforum, sagt einerseits, in allen Wohngebieten und Seitenstraßen gelte ja praktisch Tempo 30, nur auf den Durchgangsstraßen 50. Nachdenken könne man etwa über zeitlich begrenzte weitere Tempolimits etwa während Schulzeiten zum Beispiel am BIZ. Wichtiger wäre allerdings, die geltenden Regeln durch mehr Kontrollen auch wirkungsvoll durchzusetzen.
Richard Grünewald, Fraktionsvorsitzender der Grünen, glaubt zwar nicht daran, dass der Antrag des Seniorenbeirates so durchgehen wird. Aber für ihn gilt hier das Motto: „Steter Tropfen höhlt den Stein.“

nach oben